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Die Protectum eG zu aktuellen Themen: Drucksache 500/20 soll unlauteren Genossenschaften einen Riegel vorschieben

Das Genossenschaftswesen blickt in Deutschland auf eine mehr als 150-jährige Erfolgsgeschichte zurück. Diese lange Tradition ist nur einer der Gründe, warum Genossenschaften das Vertrauen der Bürger genießen – eine weitere wichtige Säule ist die strenge Prüfung, der sich die Genossenschaften regelmäßig unterziehen müssen und mithilfe derer die Seriosität der Genossenschaften gewährleistet werden soll. Genau dieses Prüfungswesen ist Gegenstand einer Gesetzesinitiative des Landes Baden-Württemberg, auf welche die Protectum eG in diesem Beitrag aufmerksam machen möchte: In einem Antrag vom 02.09.2020 wird die Wirksamkeit der aktuellen Prüfprozesse infrage gestellt – und eine Verschärfung vorgeschlagen, um das Genossenschaftswesen vor einer Gefahr zu schützen, die das gute Image zu schädigen droht: den Kapitalanlagegenossenschaften.

Die Empfehlungen des Antrages im Einzelnen

Wie die Protectum eG bereits zuvor an dieser Stelle erläutert hat, befinden sich Genossenschaften in einer rechtlichen und wirtschaftlichen Sonderposition, die es durch eine kontinuierliche Anpassung der Rechtsprechung zu bewahren gilt. In den meisten Fällen betrifft dieser Schutzbedarf sogenannte Kapitalanlagegenossenschaften, die dem offiziellen Auftrag der sozialen, wirtschaftlichen oder kulturellen Förderung der Mitglieder zuwiderlaufend ausschließlich oder überwiegend Kapitalanlagegeschäfte betreiben. Da die reine Kapitalanlage keinen zulässigen Förderzweck darstellt, dürfte es derartige Kapitalanlagegenossenschaften also gar nicht geben.

Um dieser unzulässigen Machart der Genossenschaft einen Riegel vorzuschieben, wurden vom Land Baden-Württemberg im Rahmen der Bundesrats-Drucksache 500/20 entsprechende Empfehlungen zur Anpassung des Genossenschaftsgesetzes vorgelegt. Die Vorschläge umfassen Maßnahmen zur Nachschärfung bestehender Prüfungsprozesse ebenso wie die Einführung neuer Kontrollmaßnahmen.

Der Antrag beinhaltet drei zentrale Punkte:

1. Kleine Genossenschaften mit Bilanzsummen unter 1,5 Millionen bzw. Umsätzen unter drei Millionen sollen von der genossenschaftsrechtlichen Pflichtprüfung nicht länger ausgenommen sein.

2. Die Prüfungsverbände sollen Genossenschaften bei der Gründungsprüfung explizit auf das Vorliegen eines zulässigen Förderzwecks überprüfen und im Negativfall den Eintrag in das Genossenschaftsregister verwehren.

3. Der Anteil jener Mitglieder, welche die Mitgliedschaft lediglich als Kapitalanlage nutzen und nicht mit dem Ziel, die Fördervorteile wie etwa die Anmietung genossenschaftlichen Wohnraums in Anspruch zu nehmen, soll auf maximal 50 Prozent begrenzt werden. Ziel dieser neuen Regelung soll es sein, derartige investierende Mitglieder vom Erlangen einer Stimmenmehrheit gegenüber regulären Mitglieder abzuhalten.

Einschätzung der Protectum eG

Keine der Empfehlungen berührt die Protectum eG in irgendeiner Weise: Weder verfügt die Genossenschaft über investierende Mitglieder, noch betreibt sie Kapitalanlagegeschäfte, und zu der jährlichen Prüfung ist die Wohnungsbaugenossenschaft aus Großwallstadt aufgrund ihrer Größe ohnehin verpflichtet.

Im Grundsatz pflichtet die Protectum eG den Vorschlägen des Antrages vollkommen bei und begrüßt insbesondere das Bestreben, Kapitalanlagegenossenschaften mit allen erforderlichen Mitteln zu bekämpfen. Einzig und allein die Empfehlungen bezüglich der Ausweitung der Prüfungsverpflichtungen von kleineren Genossenschaften sieht man in Großwallstadt kritisch. Zum einen wird die Sinnhaftigkeit der Prüfung derart kleiner Genossenschaften aufgrund deren begrenzten Schadenspotenzials hinterfragt. Zudem werden die wirtschaftlichen Auswirkungen auf ehrliche kleine Genossenschaften mit Sorge gesehen, da die Prüfung mit einem hohen administrativen und finanziellen Aufwand verbunden ist. Diese zu tragen, dürfte aus Sicht der Protectum eG für viele kleinere Genossenschaften eine enorme Belastung darstellen.